Impressionen der Modell-Lokomotiven

Die Vorbilder

Die Lokomotiven der RH&DR weisen eine Spurweite von 15 Zoll, also 381 mm, auf. Die zwei ältesten Lokomotiven No.1 Green Goddess und No.2 Nothern Chief stammen aus dem Jahr 1925. Sie wurden von Henry Greenly konstruiert und speziell für die RH&DR entwickelt. Sie haben ein Vorlaufdrehgestell, drei gekuppelte Achsen und eine Nachlaufachse (4-6-2). Das Aussehen orientiert sich an den britischen A1-Schnellzuglokomotiven. Die Lokomotiven wurden für eine hohe Leistung ausgelegt und verfügen daher über vergrößerte Zylinder und einen leistungsstarken Kessel. In einer zweiten Serie folgten 1927 drei weitere Lokomotiven mit den Namen No.3 Southern Maid, No.7 Typhoon und No.8 Hurricane. Sie sind größtenteils baugleich, unterscheiden sich aber in Lackierung, Anbauteilen und Tendern.

Ebenfalls 1927 wurde ein neuer Lokomotivtyp von Henry Greenly für die Bahn entwickelt, welcher der bisherigen Konstruktion ähnelt, aber eine Achsfolge von 4-8-2 (britische Bezeichnung) hat. Sie haben kleinere Räder und können daher mehr Kraft auf die Gleise bringen. Zwei Lokomotiven von diesem Typ wurden im selben Jahr mit den Namen No.5 Hercules und No.6 Samson ausgeliefert.

1931 gingen zwei weitere Lokomotiven in Betrieb. Sie haben ebenfalls die Achsfolge der ersten Serien (4-6-2) und haben viele Gleichteile im Fahrwerk, orientieren sich jedoch an den amerikanischen Lokomotiven. Die zwei Lokomotiven No.9 Winston Churchill und No.10 Dr. Syn haben einen deutlich höher positionierten Kessel als die britischen Lokomotiven und, wie in Amerika üblich, einen Kuhfänger.

Zwei weitere Lokomotiven wurden aus Deutschland eingekauft. Darunter eine Marten‘sche Parkbahnlokomotive von Krupp aus Essen mit dem Namen No.11 Black Prince und ein kleiner B-Kuppler namens No.4 The Bug von Krauss aus München.

Die letzten Neuzugänge der Bahn sind die in den Jahren 1983 und 1989 gebauten Diesellokomotiven No.12 J.B.Snell und No.14 Captain Howey. Sie wurden angeschafft, um Ausfälle der Dampflokomotiven zu kompensieren und die damaligen Schülerzüge der Bahn im Winter zu bedienen. Sie verfügen jeweils über einen starken Perkins-Dieselmotor mit einem hydraulischen Getriebe.

Auswahl der Lokomotiven

Aus dieser Fülle an Lokomotiven gilt es nun einige für einen Modellnachbau auszuwählen. Nach einer Recherche war klar, dass die 4-8-2 Lokomotiven nur mit sehr großem Aufwand nachbaubar sind, da sich kaum und nur sehr teure Fahrwerke auftreiben lassen. Die Wahl fällt daher erstmal auf die Lokomotiven mit der Achsfolge 4-6-2. Aus dieser Auswahl wähle ich die Lokomotiven No.1 Green Goddess, No.3 Southern Maid, No.8 Hurricane und No.9 Winston Churchill. Durch diese Auswahl wird die größtmögliche Vielfalt an Farben und Tenderbauarten abgedeckt. Außerdem ist es mit den zu erarbeitenden Modellen möglich, fast alle anderen Lokomotiven ohne großen Konstruktionsaufwand ebenfalls nachzubauen. Um die Dieselloks nicht zu vernachlässigen wird außerdem ein Modell von No.14 Captain Howey gebaut. Die Lok ist seit 2017 in alle Einzelteile zerlegt, da sie in einem sehr schlechten Zustand war. Ob sie jemals wieder in ihrem alten Erscheinungsbild zu sehen sein wird ist fraglich. So bleibt sie auf jeden Fall im Modell am Leben.

Auswahl der Fahrwerke

Für die fünf ausgewählten Lokomotiven müssen passende Fahrwerke in Spur N als Basis für den Modellnachbau im Maßstab 1:42 gefunden werden. Nach einigen Recherchen ist klar, dass der Antrieb der Dampflokomotiven im Tender seinen Platz finden soll. Diese Entscheidung ermöglicht es, den Aufbau der Lokomotive so frei wie möglich konstruieren zu können, ohne auf Kollisionen mit Antriebsteilen achten zu müssen. Im Tender ist genügend Platz für Motor und Getriebe. Da sich die Fahrwerke aller Dampflokomotiven an der britischen A1-Schnellzuglok orientieren, schaue ich mir diese Modelllokomotiven genauer an. Sie werden von verschiedenen Herstellern, hauptsächlich aus England, angeboten. Bei Farish Graham von Bachmann werde ich fündig. Die A1 dieser Marke hat den Antrieb im Tender und das Fahrwerk kann leicht vom Lokaufbau getrennt werden. Leider ist es nicht möglich, die Fahrwerke einzeln als Ersatzteile zu erwerben, daher werden vier dieser Lokomotiven gebraucht im Internet gekauft.

Die Antriebe im Tender der Spur N Schnellzuglokomotiven sind leider nicht für die Modelle der RH&DR Tender geeignet, da die Tender der RH&DR hochgerechnet deutlich länger sind als die Tender der großen Regelspurlokomotiven. Für die Tender muss also ein anderes Fahrgestell für den Antrieb gefunden werden. Die Wahl fällt hauptsächlich wegen der genau passenden Länge und des guten Rufs auf die MAK 1206 von PIKO. Auch von dieser Lok werden vier Stück beschafft und für die Konstruktion der Modelle bereitgelegt.

Für das Fahrwerk der No.14 Captain Howey muss ein anderes Fahrwerk gefunden werden. Die Lok hat im Maßstab 1:42 eine Länge von etwa 130 mm. Ein Fahrwerk in Spur N zu finden, das eine solche Länge hat und deren Achsstand in den Drehgestellen nicht allzu klein ist, ist nicht einfach. Nach langer Suche entdecke ich den Elektrotriebwagen ET90 von Roco. Dieser hat eine brauchbare Länge, ist aber schon lange nicht mehr lieferbar. In den Tiefen des Internets wird noch ein Modell aufgetrieben, welches neuwertig ist.

CAD-Daten

Für den Bau der Lokomotiven steht mit den Fahrgestellen jetzt die Basis, sodass mit der Arbeit im CAD begonnen werden kann. Konstruiert wird mit Creo Parametric 3.0. Bevor mit der Modellierung der Lok- und Tenderaufbauten begonnen wird, werden die Fahrwerke ins CAD übernommen, um sicherzustellen, dass die Aufbauten auch am Ende auf die Fahrwerke passen und keine großen Lücken entstehen, wo keine sein sollen. Die Fahrgestelle werden hierbei nicht bis ins letzte Detail konstruiert, sondern nur die groben Abmaße dargestellt.

Auf Basis dieser Fahrwerksmodelle und den Skizzen, die in England per Hand erstellt wurden, werden die Teile für den 3D-Drucker konstruiert. Der Anfang bei allen Dampflokomotiven ist der Kessel, da dieser direkt auf dem Fahrwerk aufliegt. Alle anderen Teile, wie das Führerhaus oder die Umlaufbleche, werden außenherum parametrisch konstruiert. Das parametrische Konstruieren hat hier sehr große Vorteile, da beispielweise die Länge oder der Durchmesser des Kessels verändert werden können und sich alle Anbauteile automatisch den Änderungen anpassen. Bei der Entwicklung der Modelle wird versucht, die Lokomotiven beziehungsweise die Tender jeweils nur aus einem Teil aufzubauen. Lediglich bei No.8 Hurricane werden die Windleitbleche als Einzelteile erstellt, um diese selbst und die Rauchkammer nach dem Drucken einfacher lackieren zu können. Um die Aufbauten nach dem Druck mit den Fahrwerken zuverbinden zu können, werden Löcher für Durchgangsschrauben oder Bohrungen für Gewinde direkt mit in die Konstruktion eingebunden. Beim Konstruieren müssen allerdings oft Kompromisse eingegangen werden. Alle Maße, die vom Vorbild runtergerechnet werden, müssen so angepasst werden, dass sie auch zusammen mit dem Fahrwerk ein stimmiges Bild ergeben. Schlussendlich sind nicht die absoluten, sondern die relativen Maße entscheidend für das gute Aussehen eines Modells.

Prototypen

Da im CAD die absolute Größe und der dreidimensionale Eindruck nicht eindeutig vermittelt werden können, werden nach verschiedenen Konstruktionsstadien Prototypen gedruckt. Diese werden auf das Fahrwerk gesteckt, um die Passgenauigkeit zu prüfen und dem optischen Eindruck stand zu halten. Die Prototypen werden mit den Bildern der Vorbilder verglichen. Bilder der Prototypen werden mit Freunden in England diskutiert, um das bestmögliche aus den Modellen herauszuholen.

Schon bei den ersten Prototypen wird klar, dass der Überhang der Dampflokaufbauten nach vorne über das Fahrwerk optisch nicht gut aussieht. Die Vorlaufdrehgestelle der Fahrwerke werden daher gegen selbst gedruckte Drehgestelle mit einem größeren Achsstand ausgetauscht. Um das Aussehen des Fahrwerks nicht zu zerstören, werden außerdem die Zylinder nach vorne hin um zweieinhalb Millimeter verlängert.

Nach zwei oder drei Prototypen und jeweils einigen Änderungen am CAD-Modell, werden die Modelle in Auftrag gegeben. Die Modelle werden nicht auf meinem heimischen Drucker gedruckt, da dieser viele Details nicht fein genug auflösen kann. Die Drucke werden in einem SLA-Verfahren gedruckt, was es ermöglicht, Überhänge ohne Stützstruktur zu drucken und so eine hohe Qualität verspricht.

Lackierung und Montage

Die SLA gedruckten Teile sind nahezu transparent und müssen vor dem Lackieren gereinigt werden. Anschließend werden sie mit der Airbrush in dem Farbton lackiert, der die größte Fläche einnimmt. Alle anderen Farben werden mit dem Pinsel aufgetragen. Schon in der Modellierung im CAD werden kleine Bereiche, wie beispielsweise Fensterrahmen, leicht erhoben konstruiert. Diese kleinen Erhebungen vereinfachen es beim Lackieren, diese Bereiche mit dem Pinsel zu bemalen.

Einige Anbauteile, wie zum Beispiel die Puffer oder die Kupplungshaken, werden von den Modellloks übernommen, von denen die Fahrwerke stammen. Einzelne Rohre werden aus Kupferadern eines Stromkabels gebogen und an den Aufbau angeklebt. Sämtliche Anbauteile wurden bereits in der CAD-Konstruktion berücksichtigt, um sie möglichst einfach und präzise ankleben zu können.

Schon für die Wagen wurden Wasserschiebfolien bedruckt. Diese finden auch an den Lokomotiven ihre Anwendung. Sie werden am Computer designt und mit einem Laserdrucker auf spezielles Papier gedruckt. So entstehen die Beschriftungen auf den Tendern und die Zierlinien auf der Diesellokomotive. Um eine perfekte Passform zu erhalten, werden die designten Linien der Diesellokomotive zuvor auf Papier gedruckt und an einem Prototyp auf Größe und Passung getestet. Nachdem alle Farben lackiert und die Beschriftungen angebracht sind, werden die Aufbauten mit einer Schicht seidenmatten Klarlacks überzogen, um die Lackierung zu schützen und der Lok einen leicht edlen Glanz zu verpassen.

Die Fahrwerke bekommen ihre originale Lackierung. Hierbei werden die Speichenräder der Dampflokomotiven, sowie die Rahmen und Drehgestelle der Tender beziehungsweise der Diesellok den Farben der Vorbilder angepasst.

Finish

Im letzten Schritt werden die Fahrwerke und die Aufbauten vereint. Die Dampflokomotivaufbauten werden von unten mit dem Fahrwerk verschraubt. Bei den Tendern ist dies leider nicht möglich, so dass die Schrauben von oben sichtbar sind. Die Position dieser Löcher ist nicht beeinflussbar, da das Fahrwerk das Einbringen von neuen Bohrungen nicht zulässt. Die Kohlespeicher der Tender werden mit echter Kohle befüllt. Die Kohle stammt aus New Romney und wird mit einem Hammer entsprechend gebrochen. Um auch der Lok Leben einzuhauchen, wird ein Lokführer benötigt. Sitzende Dampflokführer in Spur 1 sind nicht zu finden, daher werden die Lokführer ihren Beinen beraubt und im Tender eingeklebt. Die Oberschenkel und Knie werden von einer anderen sitzenden Figur abgetrennt und ebenfalls eingeklebt. Unter dem Gesäß der Lokführer befindet sich das Getriebe des Antriebs, welches so bestmöglich verdeckt wird.

Fazit

Als letztes steht noch ein Betriebstest der Lokomotiven an. Ziel ist es, mit jeder Lokomotive mindestens zehn Wagen ziehen zu können, da dies den Nebensaisonzügen der RH&DR entspricht. Da noch keine Anlage in der Spur vorhanden ist, werden die Loks und Wagen auf einem Spur N Oval getestet, welches provisorisch auf einem Tisch verlegt ist. Die ersten Versuche zeigen, dass alle gebauten Lokomotiven bis zu 16 Wagen ziehen können und daher einen modellgerechten Betrieb ermöglichen. Die Zuglänge mit Lok und Wagen beträgt immerhin stolze zweieinhalb Meter. Zwei der Lokomotiven haben es sogar schon nach New Romney geschafft, wo sie sich mit ihren Vorbildern vergleichen ließen. Die positive Resonanz der Eisenbahnfreunde in England war und ist überwältigend.